Gedichte 1912-1914
Ein Teppich, darein die leidende Landschaft verblaßt
Ein Teppich, darein die leidende Landschaft verblaßt
Vielleicht Genezareth, im Sturm ein Nachen
Aus Wetterwolken stürzen goldene Sachen
Der Wahnsinn, der den sanften Menschen faßt.
Die alten Wasser gurgeln ein blaues Lachen.
Und manchmal öffnet sich ein dunkler Schacht.
Besessene spiegeln sich in kalten Metallen
Tropfen Blutes auf glühende Platten fallen
Und ein Antlitz zerfällt in schwarzer Nacht.
Fahnen, die in finstern Gewölben lallen.
Andres erinnert an der Vögel Flug
Über dem Galgen der Krähen mystische Zeichen
In spitzen Gräsern versinken kupferne Schleichen
In Weihrauchkissen ein Lächeln verhurt und klug.
Charfreitagskinder blind an Zäunen stehen
Im Spiegel dunkler Gossen voll Verwesung
Der Sterbenden hinseufzende Genesung
Und Engel die durch weiße <?> Augen gehen
Von Lidern düstert goldene Erlösung.
Rosiger Spiegel: ein häßliches Bild
Rosiger Spiegel: ein häßliches Bild,
Das im schwarzen Rücken erscheint,
Blut aus brochenen Augen weint
Lästernd mit toten Schlangen spielt.
Schnee rinnt durch das starrende Hemd
Purpurn über das schwarze Gesicht,
Das in schwere Stücken zerbricht
Von Planeten, verstorben und fremd.
Spinne im schwarzen Rücken erscheint
Wollust, dein Antlitz verstorben und fremd.
Blut rinnt durch das starrende Hemd
Schnee aus brochenen Augen weint.
Dunkel ist das Lied des Frühlingsregens
Dunkel ist das Lied des Frühlingsregens in der Nacht,
Unter den Wolken die Schauer rosiger Birnenblüteii
Gaukelei des Herzens, Gesang und Wahnsinn der Nacht.
Feurige Engel, die aus verstorbenen Augen treten.
Gestalt die lange in Kühle finstern Steins gewohnt
Gestalt die lange in Kühle finstern Steins gewohnt
Öffnet tönend den bleichen Mund
Runde Eulenaugen — Tönendes Gold.
Verfallen und leer fanden jene die Höhle des Walds
Den Schatten einer Hirschkuh im morschen Geäst
Am Saum der Quelle die Finsternis seiner Kindheit.
Lange singt ein Vogel am Waldsaum deinen Untergang
Die bangen Schauer deines braunen Mantels;
Erscheint der Schatten der Eule im morschen Geäst.
Lange singt ein Vogel am Waldsaum deinen Untergang
Die bangen Schauer deines blauen Mantels
Erscheint der Schatten der Mutter im spitzen Gras.
Lange singt ein Vogel am Waldsaum deinen. Untergang
Die bangen Schauer deines schwarzen Mantels
Erscheint der Schatten des Rappens im Spiegel des Quells.
Delirien
1
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2
Dunkle Deutung des Wassers: Stirne im Mund der Nacht,
Seufzend in schwarzen Kissen des Menschen rosiger Schatten,
Röte des Herbstes, das Rauschen des Ahorns im alten Park,
Kammerkonzerte, die auf verfallenen Treppen verklingen.
3
Der schwarze Kot, der von den Dächern rinnt.
Ein roter Finger taucht in deine Stirne
In die Mansarde sinken blaue Firne,
Die Liebender erstorbene Spiegel sind.
Delirium
Der schwarze Schnee, der von den Dächern rinnt;
Ein roter Finger taucht in deine Stirne
Ins kahle Zimmer sinken blaue Firne,
Die Liebender erstorbene Spiegel sind.
In schwere Stücke bricht das Haupt und sinnt
Den Schatten nach im Spiegel blauer Firne,
Dem kalten Lächeln einer toten Dirne.
In Nelkendüften weint der Abendwind.
Am Rand eines alten Wassers
AM RAND EINES ALTEN BRUNNENS
1. Fassung
Dunkle Deutung des Wassers: Stirne im Mund der Nacht<,>
Seufzend in schwarzen Kissen des Menschen rosiger Schatten,
Röte des Herbstes, das Rauschen des Ahorns im alten Park,
Kammerkonzerte, die auf verfallenen Treppen verklingen.
AM RAND EINES ALTEN BRUNNENS
2. Fassung
Dunkle Deutung des Wassers: Zerbrochene Stirne im Munde der Nacht
Seufzend in schwarzem Kissen des Knaben bläulicher Schatten,
Das Rauschen des Ahorns, Schritte im alten Park,
Kammerkonzerte, die auf einer Wendeltreppe verklingen,
Vielleicht ein Mond, der leise die Stufen hinaufsteigt.
Die sanften Stimmen der Nonnen in der verfallenen Kirche,
Ein blaues Tabernakel, das sich langsam auftut,
Sterne, die auf deine knöchernen Hände fallen,
Vielleicht ein Gang durch verlassene Zimmer,
Der blaue Ton der Flöte im Haselgebüsch — sehr leise.
An Mauern hin
Es geht ein alter Weg entlang
An wilden Gärten und einsamen Mauern.
Tausendjährige Eiben schauern
Im steigenden fallenden Windgesang.
Die Falter tanzen, als stürben sie bald,
Mein Blick trinkt weinend die Schatten und Lichter.
Ferne schweben Frauengesichter
Geisterhaft ins Blau gemalt.
Ein Lächeln zittert im Sonnenschein,
Indes ich langsam weiterschreite;
Unendliche Liebe gibt das Geleite.
Leise ergrünt das harte Gestein.
Ein Blasses, ruhend im Schatten
I
Ein Blasses, ruhend im Schatten verfallener Stiegen —
Jenes erhebt sich nachts in silberner <?> Gestalt
Und wandelt unterm Kreuzgang hin.
In Kühle eines Baums und ohne Schmerz
Atmet das Vollkommene
Und bedarf der herbstlichen Sterne nicht —
Dornen, darüber jener fällt <?>.
Seinem traurigen Fall
Sinnen lange Liebende nach.
Die Stille der Verstorbenen
Die Stille der Verstorbenen liebt den alten Garten,
Die Irre die in blauen Zimmern gewohnt,
Am Abend erscheint die stille Gestalt am Fenster
Sie aber ließ den vergilbten Vorhang herab —
Das Rinnen der Glasperlen erinnerte an unsere Kindheit,
Nachts fanden wir einen schwarzen Mond im Wald
In eines Spiegels Bläue tönt die sanfte Sonate
Lange Umarmungen
Gleitet ihr Lächeln über des Sterbenden Mund.
Mit rosigen Stufen sinkt ins Moor
Mit rosigen Stufen sinkt ins Moor der Stein
Gesang von Gleitendem und schwarzes Lachen
Gestalten gehn in Zimmern aus und ein
Und knöchern grinst der Tod in schwarzem Nachen.
Pirat auf dem Kanal im roten Wein
Dess’ Mast und Segel oft im Sturm zerbrachen.
Ertränkte stoßen purpurn ans Gestein
Der Brücken. Stählern klirrt der Ruf der Wachen.
Doch manchmal lauscht der Blick ins Kerzenlicht
Und folgt den Schatten an verfallnen Wänden
Und Tänzer sind mit schlafverschlungnen Händen.
Die Nacht, die schwarz an deinem Haupt zerbricht
Und Tote, die sich in den Betten wenden
Den Marmor greifen mit zerbrochiien Händen.
Die blaue Nacht ist sanft
Die blaue Nacht ist sanft auf unsren Stirnen aufgegangen.
Leise berühren sich unsre verwesten Hände
Süße Braut!
Bleich ward unser Antlitz, mondene Perlen
Verschmolzen in grünem Weihergrund.
Versteinerte schauen wir unsre Sterne.
O Schmerzliches! Schuldige wandeln im Garten
In wilder Umarmung die Schatten,
Daß in gewaltigem Zorn Baum und Tier über sie sank.
Sanfte Harmonien, da wir in kristallnen Wogen
Fahren durch die stille Nacht
Ein rosiger Engel aus den Gräbern der Liebenden tritt.
O das Wohnen in der Stille
O das Wohnen in der Stille des dämmernden Gartens,
Da die Augen der Schwester sich rund und dunkel im Bruder aufgetan,
Der Purpur ihrer zerbrochenen Münder
In der Kühle des Abends hinschmolz.
Herzzerreißende Stunde.
September reifte die goldene Birne. Süße von Weihrauch
Und die Georgine brennt am alten Zaun
Sag! wo waren wir, da wir auf schwarzem Kahn
Im Abend vorüberzogen,
Darüberzog der Kranich. Die frierenden Arme
Hielten Schwarzes umschlungen, und innen rann Blut.
Und feuchtes Blau um unsre Schläfen. Arm’ Kindlein.
Tief sinnt aus wissenden Augen ein dunkles Geschlecht.
Am Abend
Ein blauer Bach, Pfad und Abend an verfallenen Hütten hin.
Hinter dunklen Gebüschen spielen Kinder mit blau und roten Kugeln;
Manche wechseln die Stirne und die Hände verwesen im braunen Laub.
In knöcherner Stille glänzt das Herz des Einsamen,
Schaukelt ein Kahn auf schwärzlichen Wassern.
Durch dunkles Gehölz flattert Haar und Lachen brauner Mägde.
Die Schatten der Alten kreuzen den Hug eines kleinen Vogels;
Geheimnis blauer Blumen auf ihren Schläfen.
Andere schwanken auf schwarzen Bänken im Abendwind.
Goldene Seufzer erlöschen leise in den kahlen Zweigen
Der Kastanie; ein Klang von dunklen Zymbeln des Sommers,
Wenn die Fremde auf der verfallenen Stiege erscheint.
Gericht
Hütten der Kindheit im Herbste sind,
Verfallener Weiler; dunkle Gestalten,
Singende Mütter im Abendwind;
An Fenstern Angelus und Händefalten.
Tote Geburt; auf grünem Grund
Blauer Blumen Geheimnis und Stille.
Wahnsinn öffnet den purpurnen Mund:
Dies irae — Grab und Stille.
Tasten an grünen Dornen hin;
Im Schlaf: Blutspeien, Hunger und Lachen;
Feuer im Dorf, Erwachen im Grün;
Angst und Schaukeln auf gurgelndem Nachen.
Oder an hölzerner Stiege lehnt
Wieder der Fremden weißer Schatten. —
Armer Sünder ins Blaue versehnt
Ließ seine Fäulnis Lilien und Ratten.
Schwesters Garten
1. Fassung
Es wird schon kühl, es wird schon spat,
Es ist schon Herbst geworden
In Seh westers Garten, still und stad;
Ihr Schritt ist weiß geworden.
Ein Amselruf verirrt und spat,
Es ist schon Herbst geworden
In Seh westers Garten still und stad;
Ein Engel ist geworden.
2. Fassung
In Schwesters Garten still und stad
Ein Blau ein Rot von Blumen spat
Ihr Schritt ist weiß geworden.
Ein Amselruf verirrt und spat
In Schwesters Garten still und stad;
Ein Engel ist geworden.
Wind, weiße Stimme
1. Fassung
Wind, weiße Stimme, die an des Schläfers Schläfe flüstert
In morschem Geäst hockt das Dunkle in seinem purpurnen Haar
Lange Abendglocke, versunken im Schlamm des Teichs
Und darüber neigen sich die gelben Blumen des Sommers.
Konzert von Hummeln und blauen Fliegen in Wildgras und Einsamkeit,
Wo mit rührenden Schritten ehdem Ophelia ging
Sanftes Gehaben des Wahnsinns. Ängstlich wogt das Grün im Rohr
Und die gelben Blätter der Wasserrosen, zerfällt ein Aas in heißen Nesseln
Erwachend umflattern den Schläfer kindliche Sonnenblumen.
Septemberabend, oder die dunklen Rufe der Hirten,
Geruch von Thymian. Glühendes Eisen sprüht in der Schmiede
Gewaltig bäumt sich ein schwarzes Pferd; die hyazinthene Locke der Magd
Hasch
Zu gelber Mauer erstarrt der Schrei des Rebhuhns verrostet in faulender Jauche ein Pflug
Leise rinnt roter Wein, die sanfte Guitarre im Wirtshaus.
O Tod! Der kranken Seele verfallener Bogen Schweigen und Kindheit.
Aufflattern mit irren Gesichtern die Fledermäuse
2. Fassung
Wind, weiße Stimme, die an des Trunknen Schläfe flüstert;
Verwester Pfad. Lange Abendglocken versanken im Schlamme des Teichs
Und darüber neigen sich die gelben Blumen des Herbstes, flackern mit irren Gesichtern
Die Fledermäuse.
Heimat! Abendrosiges Gebirg! Ruh! Reinheit!
Der Schrei des Geiers! Einsam dunkelt der Himmel,
Sinkt gewaltig das weiße Haupt am Waldsaum hin.
Steigt aus finsteren Schluchten die Nacht.
Erwachend umflattern den Schläfer kindliche Sonnenblumen.
So leise läuten
So leise läuten
Am Abend die blauen Schatten
An der weißen Mauer.
Stille neigt sich das herbstliche Jahr.
Stunde unendlicher Schwermut,
Als erlitt’ ich den Tod um dich.
Es weht von Gestirnen
Ein schneeiger Wind durch dein Haar.
Dunkle Lieder
Singt dein purpurner Mund in mir,
Die schweigsame Hütte unserer Kindheit,
Vergessene Sagen;
Als wohnt’ ich ein sanftes Wild
In der kristallnen Woge
Des kühlen Quells
Und es blühten die Veilchen rings
Der Tau des Frühlings
Der Tau des Frühlings der von dunklen Zweigen
Herniederfällt, es kommt die Nacht
Mit Sternenstrahlen, da des Lichtes du vergessen.
Unter dem Dornenbogen lagst
Sich tief in den kristallenen Leib
Daß feuriger sich die Seele der Nacht vermähle.
Es hat mit Sternen sich die Braut geziert,
Die reine Myrthe
Die sich über des Toten anbetendes Antlitz neigt.
Blühender Schauer voll
Umfängt dich endlich der blaue Mantel der Herrin.
O die entlaubten Buchen
O die entlaubten Buchen und der schwärzliche Schnee.
Leise der Nord weht. Hier den braunen Pfad
Ist vor Monden ein Dunkles gegangen
Allein <?> im Herbst. Immer fallen die Flocken
In das kahle Geäst
Ins dürre Rohr; grünes Kristall singt im Weiher
Leer die Hütte von Stroh; ein Kindliches
Sind die wehenden Birken im Nachtwind.
O der Weg der leise ins Dunkel friert.
Und das Wohnen in rosigem Schnee
An Novalis
1. Fassung
Ruhend in kristallner Erde, heiliger Fremdling
Vom dunklen Munde nahm ein Gott ihm die Klage,
Da er in seiner Blüte hinsank
Friedlich erstarb ihm das Saitenspiel
In der Brust,
Und es streute der Frühling seine Palmen <?> vor ihn,
Da er mit zögernden Schritten
Schweigend das nächtige Haus verließ.
2. Fassung (a)
In dunkler Erde ruht der heilige Fremdling.
Es nahm von sanftem Munde ihm die Klage der Gott,
Da er in seiner Blüte hinsank.
Eine blaue Blume
Fortlebt sein Lied im nächtlichen Haus der Schmerzen.
2. Fassung (b)
In dunkler Erde ruht der heilige Fremdling
In zarter Knospe
Wuchs dem Jüngling der göttliche Geist,
Das trunkene Saitenspiel
Und verstummte in rosiger Blüte.
Stunde des Grams
Schwärzlich folgt im herbstlichen Garten der Schritt
Dem glänzenden Mond,
Sinkt an frierender Mauer die gewaltige Nacht.
O, die dornige Stunde des Grams.
Silbern flackert im dämmernden Zimmer der Leuchter des Einsamen,
Hinsterbend, da jener ein Dunkles denkt
Und das steinerne Haupt über Vergängliches neigt,
Trunken von Wein und nächtigem Wohllaut.
Immer folgt das Ohr
Der sanften Klage der Amsel im Haselgebüsch.
Dunkle Rosenkranzstunde. Wer bist du
Einsame Flöte,
Stirne, frierend über finstere Zeiten geneigt.
Nächtliche Klage
1. Fassung
Die Nacht ist über der zerwühlten Stirne aufgegangen
Mit schönen Sternen
Am Hügel, da du von Schmerz versteinert lagst,
Ein wildes Tier im Garten dein Herz fraß.
Ein feuriger Engel
Liegst du mit zerbrochener Brust auf steinigem Acker,
Oder ein nächtlicher Vogel im Wald
Unendliche Klage
Immer wiederholend in dornigem Nachtgezweig.
2. Fassung
Die Nacht ist über der zerwühlten Stirne aufgegangen
Mit schönen Sternen
Über dem schmerzversteinerten Antlitz,
Ein wildes Tier fraß des Liebenden Herz
Ein feuriger Engel
Stürzt mit zerbrochener Brust auf steinigen Acker,
Wiederaufflatternd ein Geier.
Weh in unendlicher Klage
Mischt sich Feuer, Erde und blauer Quell
An Johanna
Oft hör’ ich deine Schritte
Durch die Gasse läuten.
Im braunen Gärtchen
Die Bläue deines Schattens.
In der dämmernden Laube
Saß ich schweigend beim Wein.
Ein Tropfen Blutes
Sank von deiner Schläfe
In das singende Glas
Stunde unendlicher Schwermut.
Es weht von Gestirnen
Ein schneeiger Wind durch das Laub
Jeglichen Tod erleidet,
Die Nacht der bleiche Mensch.
Dein purpurner Mund
Wohnt eine Wunde in mir.
Als kam’ ich von den grünen
Tannenhügeln und Sagen
Unserer Heimat,
Die wir lange vergaßen —
Wer sind wir? Blaue Klage
Eines moosigen Waldquells,
Wo die Veilchen
Heimlich im Frühling duften.
Ein friedliches Dorf im Sommer
Beschirmte die Kindheit einst
Unsres Geschlechts,
Hinsterbend nun am Abend-
Hügel die weißen Enkel
Träumen wir die Schrecken
Unseres nächtigen Blutes
Schatten in steinerner Stadt.
Melancholie
Die blaue Seele hat sich stumm verschlossen,
Ins offne Fenster sinkt der braune Wald,
Die Stille dunkler Tiere; im Grunde mahlt
Die Mühle, am Steg ruhn Wolken hingegossen,
Die goldnen Fremdlinge. Ein Zug von Rossen
Sprengt rot ins Dorf. Der Garten braun und kalt.
Die Aster friert, am Zaun so zart gemalt
Der Sonnenblume Gold schon fast zerflossen.
Der Dirnen Stimmen; Tau ist ausgegossen
Ins harte Gras und Sterne weiß und kalt.
Im teuren Schatten sieh den Tod gemalt,
Voll Tränen jedes Antlitz und verschlossen.
Bitte (An Luzifer)
AN LUZIFER
1. Fassung
Dem Geist schick’ deine Flammen, so er duldet,
Gefangen seufzt in schwarzer Mitternacht,
Am Frühlingshügel, so sich dargebracht
Das sanfte Lamm, der Schmerzen tiefsten duldet;
O Liebe, die gleich einem runden Licht
Aufgeht im Herzen und ein Sanftes duldet,
Daß dieses irdene Gefäß zerbricht.
AN LUZIFER
2. Fassung
Dem Geist’ schick deine Flammen, so er duldet,
Gefangen liegt in schwarzer Nacht,
Bis einst er fromm sich dargebracht
Der Welt, der er der Schmerzen tiefsten schuldet,
Die Liebe, die gleich einem Licht
Entbrennt im Herzen und ein Sanftes duldet,
Daß dies Gefäß der Tod zerbricht;
Gemordet Lamm, des Blut die Welt entschuldet.
3. Fassung
Dem Geist leih deine Flamme, glühende Schwermut;
Seufzend ragt das Haupt in die Mitternacht,
Am grünenden Frühlingshügel; wo vor Zeiten
Verblutet ein sanftes Lamm, der Schmerzen tiefsten
Erduldet; aber es folgt der Dunkle dem Schatten
Des Bösen, oder er hebt die feuchten Schwingen
Zur goldenen Scheibe der Sonne und es erschüttert
Ein Glockenton die schmerzzerrissene Brust ihm,
Wilde Hoffnung; die Finsternis flammenden Sturzes.
Nimm blauer Abend
Nimm blauer Abend eines Schläfe, leise ein Schlummerndes
Unter herbstlichen Bäumen, unter goldener Wolke.
Anschaut der Wald; als wohnte der Knabe ein blaues Wild
In der kristallnen Woge des kühlen Quells
So leise schlägt sein Herz in hyazinthener Dämmerung,
Trauert der Schatten der Schwester, ihr purpurnes Haar;
Dieses flackert im Nachtwind. Versunkene Pfade
Nachtwandelt jener und es träumt sein roter Mund
Unter verwesenden Bäumen; schweigend umfängt
Des Weihers Kühle den Schläfer, gleitet
Der verfallene Mond über seine schwärzlichen Augen.
Sterne versinkend im braunen Eichengeäst.
Am Abend
1. Fassung
Noch ist gelb das Gras, grau und schwarz der Baum
Aber mit ergrünendem Schritt gehst du am Wald hin,
Knabe, der mit großen Augen in die Sonne schaut.
O wie schön sind die entzückten Schreie der Vögelchen.
Der Fluß kommt von den Bergen kalt und klar
Tönt im grünen Versteck; also tönt es,
Wenn du trunken die Beine bewegst. Wilder Spaziergang
Im Blau; Geist der aus Bäumen tritt und bittrem Kraut
Siehe deine Gestalt. O Rasendes! Liebe neigt sich zu Weiblichem,
Bläulichen Wassern. Ruh und Reinheit!
Knospe vieles bewahrt, Grünes! Die schon sehr dunkel
Entsühne die Stirne mit dem feuchten Abendgezweig,
Schritt und Schwermut tönt einträchtig in purpurner Sonne.
2. Fassung
Noch ist gelb das Gras, grau und schwarz der Wald;
Aber am Abend dämmert ein Grün auf.
Der Fluß kommt von den Bergen kalt und klar,
Tönt im Felsen versteck; also tönt es,
Wenn du trunken die Beine bewegst; wilder Spaziergang
Im Blau; und die entzückten Schreie der Vögelchen.
Die schon sehr dunkel, tiefer neigt
Die Stirne sich über bläuliche Wasser, Weibliches;
Untergehend wieder in grünem Abendgezweig.
Schritt und Schwermut tönt einträchtig in purpurner Sonne.
Beim jungen Wein
1. Fassung
Sonne purpurn untergeht,
Schwalbe ist schon fern gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
Schmerz, darin die Welt vergeht.
Bleib der Augenblick gewogen,
Da im Abend hölzner Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
Flackerstern ans Fenster weht,
Kommt die schwarze Nacht gezogen,
Wenn im Schatten dunkler Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Kind dein wildes Lachen.
2. Fassung
Sonne purpurn untergeht,
Schwalbe ist schon ferngezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Schnee fällt hinterm Berge.
Sommers letztes Grün verweht,
Jäger kommt vom Wald gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Schnee fällt hinterm Berge.
Fledermaus die Stirn umweht,
Kommt ein Fremdling still gezogen.
Unter abendlichen Bogen
Junger Wein die Runde geht;
Schnee fällt hinterm Berge.
Rote Gesichter
Rote Gesichter verschlang die Nacht,
An härener Mauer
Tastet ein kindlich Gerippe im Schatten
Des Trunkenen, zerbrochenes Lachen
Im Wein, glühende Schwermut,
Geistesfolter — ein Stein verstummt
Die blaue Stimme des Engels
Im Ohr des Schläfers. Verfallenes Licht.
Heimkehr
Wenn goldne Ruh der Abend odmet
Wald und dunkle Wiese davor
Ein Schauendes ist der Mensch,
Ein Hirt, wohnend in der Herden dämmernder Stille,
Der Geduld der roten Buchen;
So klar da es Herbst geworden. Am Hügel
Lauscht der Einsame dem Flug der Vögel,
Dunkler Bedeutung und die Schatten der Toten
Haben sich ernster um ihn versammelt<;>
Mit Schauern erfüllt ihn kühler Resedenduft<,>
Die Hütten der Dörfler der Hollunder,
Wo vor Zeiten das Kind gewohnt.
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk,
Darüber Georginen hangen,
Daß darnach er die Hände ringe<,>
Im braunen Gärtchen den schimmernden Schritt
Verboten Lieben, dunkles Jahr,
Daß von blauen Lidern die Tränen stürzten
Dem Fremdling unaufhaltsam.
Von braunen Wipfeln tropft der Tau,
Da jener ein blaues Wild am Hügel erwacht,
Lauschend den lauten Rufen der Fischer
Am Abendweiher
Dem ungestalten Schrei der Fledermäuse;
Aber in goldener Stille
Wohnt das trunkene Herz
Seines erhabenen Todes voll.
Träumerei
1. Fassung
Sanftes Leben wächst im Stillen
Schritt und Herz durchs Grüne eilt
Liebendes an Hecken weilt,
Die sich schwer mit Düften füllen.
Buche sinnt; die feuchten Glocken
Sind verstummt, der Bursche singt
Feuer Dunkeles umschlingt
O Geduld und stumm Frohlocken.
Frohen Mut gib noch zum Ende
Schön beseelte, stille Nacht,
Goldnen Wein, den dargebracht
Einer Schwester blaue Hände.
2. Fassung
Sanftes Leben wächst rings im Stillen
Durchs Grüne eilt Schritt und Herz.
Liebendes weilt an Hecken,
Die sich mit Düften füllen.
Tiefsinnige Buche im Wirtshausgarten. Die feuchten Glockei
Sind verstummt; ein Bursche singt
— Feuer das Dunkles sucht —
O blaue Stille, Geduld!
Frohen Mut auch gib
Grünende Nacht dem Einsamen,
Dem sein Stern erlosch,
Lachen in purpurnem Wein.
3. Fassung
Verliebte gehn an den Hecken,
Die sich mit Düften füllen.
Am Abend kommen frohe Gäste
Von der dämmernden Straße.
Sinnige Kastanie im Wirtshausgarten.
Die feuchten Glocken sind verstummt.
Ein Bursche singt am Fluß
— Feuer, das Dunkeles sucht —
O blaue Stille! Geduld!
Wenn jegliches blüht.
Sanften Mut auch gib
Nacht dem Heimatlosen,
Unergründliches Dunkel
Goldne Stunde in Wein.
Psalm
Stille; als sänken Blinde an herbstlicher Mauer hin,
Lauschend mit morschen Schläfen dem Flug der Rahen;
Goldne Stille des Herbstes, das Antlitz des Vaters in flackernder Sonne
Am Abend verfällt im Frieden brauner Eichen das alte Dorf,
Das rote Gehämmer der Schmiede, ein pochendes Herz.
Stille; in langsamen Händen verbirgt die hyazinthene Stirne die Magd
Unter flatternden Sonnenblumen. Angst und Schweigen
Brechender Augen erfüllt das dämmernde Zimmer, die zögernden Schritte
Der alten Frauen, die Flucht des purpurnen Munds, der langsam im Dunkel erlischt.
Schweigsamer Abend in Wein. Vom niedern Deckengebälk
Fiel ein nächtlicher Falter, Nymphe vergraben in bläulichen Schlaf.
Im Hot schlachtet der Knecht ein Lamm, der süße Geruch des Blutes
Umwölkt unsre Stirnen, die dunkle Kühle des Brunnens.
Nachtrauert die Schwermut sterbender Astern, goldne Stimmen im Wind.
Wenn es Nacht wird siehest du mich aus vermoderten Augen an,
In blauer Stille verfielen deine Wangen zu Staub.
So leise erlöscht ein Unkrautbrand, verstummt der schwarze Weiler im Grund
Als stiege das Kreuz den blauen Kalvarienhügel herab,
Würfe die schweigende Erde ihre Toten aus.
Herbstliche Heimkehr
1. Fassung (b)
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk,
Darüber Georginen hangen
Immer stillere Heimkehr,
Der verfallne Garten den dunklen Abglanz
Vergangener Jahre,
Daß von blauen Lidern die Tränen stürzen
Dem Fremdling unaufhaltsam.
2. Fassung
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk
Darüber Georginen hangen,
Immer stillere Heimkehr,
Der verfallne Garten dunklen Abglanz
Vergangner Jahre,
Daß von blauen Lidern Tränen stürzen
Unaufhaltsam.
O Geliebtes!
Schon tropft vom rostigen Ahorn
Laub, hinüberschimmern der Schwermut
Kristallne Minuten
Zur Nacht.
3. Fassung
Erinnerung, begrabene Hoffnung
Bewahrt dies braune Gebälk
Darüber Georginen hangen,
Immer stillere Heimkehr,
Der verfallne Garten dunklen Abglanz
Kindlicher Jahre,
Daß von blauen Lidern Tränen stürzen
Unaufhaltsam;
Hinüberschimmern der Schwermut
Kristallne Minuten
Zur Nacht.
Neige
1. Fassung
O geistlich Wiedersehn
Im alten Herbst!
So stille entblättern gelbe Rosen
Am Gartenzaun,
Schmolz in Tränen
Ein großer Schmerz.
So endet der goldne Tag.
Reich’ deine Hand mir liebe Schwester
In der Abendkühle.
2. Fassung
O geistlich Wiedersehn
In altem Herbst.
Gelbe Rosen
Entblättern am Gartenzaun,
Zu dunkler Träne
Schmolz ein großer Schmerz,
O Schwester!
So stille endet der goldne Tag.
Lebensalter
Geistiger leuchten die wilden
Rosen am Gartenzaun;
O stille Seele!
Im kühlen Weinlaub weidet
Die kristallne Sonne;
O heilige Reinheit!
Es reicht ein Greis mit edlen
Händen gereifte Früchte.
O Blick der Liebe!
Die Sonnenblumen
Ihr goldenen Sonnenblumen,
Innig zum Sterben geneigt,
Ihr demutsvollen Schwestern
In solcher Stille Endet
Helians Jahr
Gebirgiger Kühle.
Da erbleicht von Küssen
Die trunkne Stirn ihm
Inmitten jener goldenen
Blumen der Schwermut
Bestimmt den Geist
Die schweigende Finsternis.
So ernst o Sommerdämmerung
So ernst o Sommerdämmerung.
Von müdem Munde
Sank dein goldner Odem ins Tal
Zu den Stätten der Hirten,
Versinkt im Laub.
Ein Geier hebt am Waldsaum
Das versteinerte Haupt —
Ein Adlerblick
Erstrahlt im grauen Gewölk
Die Nacht.
Wild erglühen
Die roten Rosen am Zaun
Erglühend stirbt
In grüner Woge Liebendes hin
Eine erbliche